Restzahlung des Urlaubspreises verweigern
Die Coronapandemie macht die Reiseveranstalter kreativ, wenn es darum geht Ansprüche der Urlauber abzuwenden. Zunächst wurde versucht sich auf die zeitlichen Reisewarnungen zu beschränken. Als nächstes beziehen sich Reiseveranstalter auf vergebene Sicherungsscheine. Erfreulicherweise zeigen sich die Gerichte nicht gerade überzeugt von den Ausweichversuchen der Reiseveranstalter. Ganz im Gegenteil, die Gerichte zeigen sich unbeeindruckt und positionieren sich für die Rechte der Urlauber.
Keine Reisewarnung nötig!
Man mag meinen, dass das Amtsgericht Frankfurt am Main mit seiner Entscheidung für klare Verhältnisse gesorgt hat (Urt. v. 11.8.2020, Az. 32 C 2136/20 (18)). Die Tatsache, dass das Gericht trotz fehlender Reisewarnung dem Urlauber die Erstattung der gesamten Reisekosten zusprach mit der Begründung, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Coronavirus im Reisegebiet ausreicht, scheint jedoch nicht bei allen Reiseveranstaltern zum Umdenken angeregt zu haben.
Das Amtsgericht Leipzig musste sich kürzlich mit einem ähnlichen Sachverhalt beschäftigen und bestätigte die Aussage des Amtsgerichtes Frankfurt am Main. Das Amtsgericht Leipzig ging jedoch noch einen Schritt weiter und äußerte sich in seiner Entscheidung zu der Unsicherheitseinrede gem. § 321 Abs.1 BGB. Der Reiseveranstalter forderte Stornogebühren, da die Restzahlung der Reise nicht getätigt wurde und aufgrund eines Sicherungsscheins der Klägerpartei keine Unsicherheitseinrede zustand.
Unsicherheitseinrede trotz Sicherungsschein!
Bei Urlaubsbuchungen geht der Urlauber in Vorleistung und zahlt zunächst die Reise an. Kurz vor dem Antritt der Reise wird dann die Restzahlung der Reise fällig und hier kann es zur Unsicherheitseinrede kommen. Durch die Unsicherheitseinrede hat der Urlauber, der zur Vorleistung verpflichtet ist, das Recht die fällige Restzahlung zu verweigern, wenn eine Unsicherheit dahingegen besteht, ob die Reise (ordnungsgemäß) erbracht werden kann. Die Auswirkung der Coronapandemie führt ohne Zweifel zu dieser Unsicherheit. Wie das Amtsgericht Leipzig feststellen musste, sind die Reiseveranstalter jedoch der Meinung, dass ein vergebener Sicherungsschein die Möglichkeit der Unsicherheitseinrede nach § 321 Abs.1 S.2 BGB entfallen lässt. Diese Ansicht ist jedoch falsch! Der Sicherungsschein dient lediglich zur Absicherung des Reisenden in dem Fall, dass der Reiseveranstalter in die Insolvenz fällt. Das Gericht stellt klar, dass die Erbringung der Reiseleistung durch den Sicherungsschein eben gerade nicht berührt wird. Folglich stand der Klägerpartei die Unsicherheitseinrede zu (Urt.v.19.02.2021, Az.118 C 3500/20). Das Gericht entschied zugunsten der Klägerpartei, der Reiseveranstalter muss den Reisepreis vollumfänglich erstatten.
Unsicherheitseinrede geltend machen!
Für Urlauber bedeutet die Entscheidung des Amtsgerichtes Leipzig, dass sie mithilfe der Unsicherheitseinrede die Zahlung des Restbetrages verweigern und der Reiseveranstalter keine Stornogebühren erheben kann, wenn sie wegen der derzeitigen ungewissen Entwicklung des Virus befürchten, dass die Reise gefährdet ist. Hat der Reiseveranstalter die Reise mit einen Sicherungsschein versehen, sichert er nicht die Erbringung der Leistung ab, die Unsicherheitseinrede kann somit weithin wirksam geltend gemacht werden.